Mexico's Hochland II

05. - 19.02.2013                                                                                                      Autor: Marc

Mexico’s Hochland II - Mumien, Schmetterlinge und Ruinen

Wie bereits im letzten Bericht angedeutet, ist unser nächstes Ziel Guanajuato. Diese Stadt ist in ihrer Art einzigartig. Es handelt sich um eine ehemalige Silberminenstadt, wobei in der näheren Umgebung auch heute noch Silber abgebaut wird. Die alten Stollen wurden zu Strassen umfunktioniert, und so bewegt sich heute alles in diesen Stollen, Autos und auch Fussgänger. Wir finden einen einfachen, aber für die Besichtigung der Stadt sehr gut gelegenen Campingplatz. Kurz nachdem wir durch die verwinkelten Gässchen und Tunnels angekommen sind, kommt auch ein Taxi an und ein Deutscher steigt aus, um sich den Platz anzusehen. Henning ist mit dem LKW unterwegs und wollte mit dem Taxi zuerst mal den Weg auskundschaften. Wir sind gespannt was da kommen mag!

Keine fünf Minuten später kommt er mit seinem MAN die schmale Gasse heruntergefahren, reisst noch eine Strom- oder Telefonleitung runter, steht dann aber schon an seinem Platz. Henning ist mit Frau Anna und der zweijährigen Tochter Emily unterwegs. Auch sie wollen runter nach Südamerika. Wir verstehen uns gut und unternehmen zusammen einen Ausflug in die Stadt.

Die Stadt ist wirklich sehr schön, auch für mich als bekennender Anti-Städter… Die riesige Markthalle zieht uns in seinen Bann. Was hier alles angeboten wird – Wahnsinn. Auch der Hauptplatz ist toll. Viele Blumen, eine prachtvolles Theater und eine schöne Kirche säumen ihn. Es ist viel Leben in der Stadt, überall hat es Musikanten. Über allem thront hoch über der Altstadt eine Statue, welche eine Bischof zeigt, welcher die Stadt vor langer Zeit einmal vor Angreifern beschützt haben soll.

Es gelingt uns sogar noch für mich eine neue Brille zu kaufen. Meine alte habe ich ja vor ein paar Tagen in Creel liegen lassen. Als wir dann noch auf dem Hauptplatz gut Nachtessen wollen und bestellen und bestellen, bemerkt Beate auf einmal, dass sie zuwenig Geld dabei hat. Abbestellen geht nicht mehr. Also essen wir mehr oder weniger entspannt. Ich laufe dann zurück zum Camping, durch den langen, dunkeln Tunnel hin und zurück, je Weg ca. 15-20 Minuten. Mein Nachtessen habe ich jedenfalls wieder verbrannt… Ich fühle mich dabei nie unsicher – und das in Mexiko. Ich fühle mich hier in dieser Stadt mit immerhin über 150000 Einwohnern, sicherer als wenn ich am späten Abend in Chur durch die Altstadt gehe.

Ein weiteres Kuriosum in Guanajuato ist das Mumienmuseum. Überhaupt geht man in Mexico mit dem Tod sehr locker um. Es ist eben etwas das zum Leben dazugehört. Im „Museo de las Momias“ werden über einhundert mumifizierte menschliche Körper gezeigt. Die Mumien wurden bei der Erweiterung des Friedhofes ab dem Jahr 1865 gefunden und hier aufbewahrt. Die Mumifizierung selbst entstand durch Zufall: Der trockene Boden und das  Klima verhinderten eine Verwesung der Leichen. Es ist eindrücklich dies, für uns Europäer doch sehr ungewohnte, zu sehen. Zum Teil ist es schon fast etwas makaber.

Wir verlassen Guanajuato einige Tage später als wir es geplant hatten und machen uns auf Richtung Süden. Patzcuaro ist unser nächstes Ziel. Mama und Ätti waren in den 70er Jahren hier, also wollten wir dies auch sehen. Auf dem Campingplatz treffen wir auf ein Schweizer Ehepaar – Doris und Marcel. Sie leben schon sieben Jahre in Mexico, in der Nähe von Valle de Bravo, wo wir noch unsere mexikanischen Bekannten, welche wir auf der Fähre getroffen haben, besuchen möchten. Doris und Marcel verbringen jeweils 10 Monate hier und 2 Monate in der Schweiz um zu arbeiten. Es fällt uns langsam auf, dass wir immer mehr Leute treffen, die ausbrechen aus dem gewohnten Lebensstil in der Schweiz oder Deutschland. Wir verstehen uns sehr gut und verbringen einen wirklich sehr schönen Abend zusammen und erfahren viel Neues und wissenswertes über Mexico. Am nächsten Morgen laden sie uns noch zu sich nach Hause ein. Gerne nehmen wir an.

Nachdem wir die Insel Janitzio erkundet haben, machen wir einen Spaziergang durch die Altstadt. Sehr schön. Wir besuchen aufgrund eines Tipps von Doris und Marcel noch ein Lokal namens „Ivo’s Pizza“. Was sich dahinter verbirgt? Eine Bäckerei mit einem kleinen Essenslokal eine Schweizers, der schon über 20 Jahre hier lebt. Wir essen sehr gute Ravioli und kaufen wiedermal ein richtiges Brot.

Nun machen wir uns auf nach Osten in Richtung Valle de Bravo. Wir lassen Morelia links liegen und fahren wieder eine absolute Traumstrasse. Das wäre richtiges „Lancia-Geläuf“… Am Abend erreichen wir Los Azufres, ein Gebiet mit heissen Quellen. Wir übernachten auf einem Campingplatz direkt neben einigen schönen Pools und geniessen wieder einmal ein heisses Bad. Doch die Nacht wird wieder kalt, befinden wir uns doch immer noch auf mehr als 2500 M.ü.M.

Von jemandem haben wir den Tipp bekommen das Millionen von Schmetterlingen, aus Kanada kommend, den Winter in der Gegend von Angangueo bzw. Ocampo verbringen. Wir fahren also eine ziemlich hoppelige Strasse durch dieses Gebiet. Die Strasse ist eigentlich nicht schlecht, doch begleitet uns hier ein mexico-typisches Phänomen -  die „Topes“. Topes sind Erhöhungen auf der Strasse aus Beton, welche den Verkehr abbremsen sollen. Die Mexikaner würden sonst einfach überall so schnell fahren wie der Käfer oder neuerdings der Nissan Tsuru läuft. Sie sind nicht anders zu bremsen als mit diesen Topes. Blöd nur wenn man mal einen übersieht, z.B. weil er gerade im Schatten liegt. Dann knallt es gewaltig… Die Topes sind wohl auch nicht von irgendeiner Behörde bewusst irgendwo gebaut worden, sondern jeder baut die Topes wohl wie es ihm beliebt. Sehr speziell, wie auch einige anderen Sachen im Strassenverkehr:

Beispiel 1: In Oaxaca überrascht uns plötzlicher Linksverkehr. Unsere Spur wechselt auf einmal auf die linke Fahrbahn, der Gegenverkehr kommt uns nun rechts entgegen. Dies alles nur weil sie abbiegen. Man könnte es auch logischer lösen. Für die Mexikaner scheint es jedoch logisch zu sein. Unsere Gehirne ticken noch etwas anders.

Beispiel 2: Autos können hier fahren wie sie wollen. Oft treffen wir auf Autos ohne Licht. Nicht dass nur die Glühlampe kaputt wäre, nein, der ganze Scheinwerfer fehlt, oft gleich beide. Nicht selten fehlt sogar die komplette Front und meist auch noch die Motorhaube. Ob jetzt ein Schweizerische MFK Sinn macht oder nicht sei mal dahingestellt…

Beispiel 3: Autos haben zwar Blinker, abgebogen wird aber prinzipiell mit betätigtem Warnblinker. Beim Linksabbiegen wird dann zusätzlich noch die Hand rausgehalten. Den Blinkschalter brauchen sie nur, wenn sie wollen, dass man sie überholt. Dann blinken sie jedoch nicht rechts (wie es unserer Logik entspräche), sondern links… Ach ja: Bremslicht = Warnblinker an.

Beispiel 4: Bus und Taxi halten immer und überall, egal ob auf der Autobahn oder sonst mitten auf der Strasse.

Beispiel 5: man kann auch auf der Felge weiterfahren, genau so schnell wie mit Reifen, auch mit einem überladenen Autoanhänger (siehe Bilder)

Beispiel 6: Schwertransporte (z.B. sehr langes Betonelemente) werden einfach durchgeführt: vorne ein Sattelzug, Front des Betonelementes auf Sattelzug, 30 Meter weiter hinten ein Anhänger, der von einem separaten Fahrer mittels eines riesigen Lenkrades (keine Hilfskraft…) gelenkt wird, Bremsen hat sicher nur der Sattelzug…

Dies sind nur mal einige Beispiele an die wir uns auf die Schnelle erinnern konnten. Es gäbe noch unzählige kuriose Verkehrssituationen zu beschreiben.

Schmetterlinge sehen wir in der Region Angangueo/Ocampo nur vereinzelt. Als uns dann Eingangs eines Dorfes noch der Weg mit einem Seil versperrt wir und wir Passiergeld bezahlen sollen, kehren wir um. In der Nähe von Valle de Bravo soll es auch Schmetterlinge geben. Also auf nach Valle!

Wir fahren wieder durch Landschaften, wie wir sie so gar nicht von Mexico erwartet haben. Auf dem Weg zu unseren beiden Schweizern fahren wir entlang des Sees von Valle de Bravo. Es erinnert mich sehr stark an die Strasse, die von Ascona in Richtung Cannobio führt. So daneben liege ich da wohl nicht. Valle de Bravo ist das Wochenendquartier vieler reicher (und auch schwerreicher) Mexikaner, welche während der Woche in ihren Bunkern in Mexico Stadt leben. Das Domizil von Doris und Marcel ist da schon mehr nach unserem Gusto. Sie besitzen ein sehr schönes Haus in einem kleinen Tal etwas westlich von Valle, welches sie zum grossen Teil selbst gebaut haben. Ein wunderschöner Garten gehört dazu. Uns gefällt es sehr gut. Hier lässt es sich leben!

Wir unternehmen mit Doris und Marcel einiges und erfahren wirklich sehr Interessantes über die Revision von Kernkraftwerken. Auch unsere Filmsammlung konnten wir durch einige wirkliche Leckerbissen wie „HD Läppli“, „D Kummerbuebe“ oder „Die Abenteuer der Familie Robinson in der Wildnis“ aufstocken. Vielen Dank für eure Gastfreundschaft! Wir haben es sehr genossen!

Wir lernen auch noch Frank kennen, einen 82-jährigen Basler, der schon unzählige Jahre in Mexico lebt, vorher aber schon sehr viele Länder gesehen hat. Nun lebt er in der Nähe von Doris und Marcel, hat sich aber gerade einige Kilometer weiter hinten im Tal ein etwa sechs Hektaren grosses Grundstück gekauft, das er wieder in Schuss bringt. Ein kleines Paradies…

Wir ziehen weiter. Wir machen eine Wanderung in die Berge östlich von Valle und da sehen wir sie: Millionen oder eher Milliarden von Schmetterlingen hängen an den Nadelbäumen. Die Bäume sehen aus, als ob es Laubbäume wären. Es sind jedoch nur die Schmetterlinge, die daran hängen. Als es dann wärmer wird, die Sonne auf die Schmetterlinge zu scheinen beginnt, geht es los. Die Schmetterlinge fliegen los. Was für ein Naturphänomen!

Bevor wir unsere mexikanischen Bekannten besuchen wollen, gehen wir auf den Vulkan „Nevado de Toluca“. Wir steigen mit dem Patrol bis auf ca. 4200 m.ü.M. auf und wandern dann noch bis auf den Kraterrand auf etwas über 4300 m.ü.M. Die Nacht verbringen wir auf 4200 m.ü.M. Mein Kopf tut weh. Das kann ja heiter werden in den Anden…

Auf dem Weg nach Taxco, der Silberschmuck-Stadt schlechthin, fahren wir wieder über wunderschöne Strassen. Dies scheinen auch einige Rennradfahrer bemerkt zu haben. Im Gegensatz zu uns in der Schweiz fährt man hier jedoch nicht einfach alleine oder in der Gruppe mit dem Rennrad, sondern es fährt jeder allein, gefolgt von einem Auto mit Warnblinklicht an.

Taxco ist schön, wenn man dann mal einen Parkplatz gefunden hat. Doch das kann dauern. Die ganze Stadt ist vollgestopft mit Autos, vorzugsweise immer noch VW Käfer. Schade eigentlich, denn die historische Innenstadt könnte so schön sein, wenn sie autofrei wäre. Schlussendlich finden wir dann einen Park- und Übernachtungsplatz an bester Lage, nicht weit weg vom historischen Stadtzentrum. Wir feiern Beate’s Geburtstag bei einem Nachtessen in einem schönen Lokal. Ich wähle wiedermal das bessere Essen (Fisch) und Beate bezahlt (sie ist diesen Monat die Bezahlerin…). Silberschmuck finden wir keinen, der uns wirklich gut gefällt.   

Nach einer verhältnismässig ruhigen Nacht (Taxco hat wohl nur wenige Hunde) fahren wir weiter Richtung Osten. Am Popocatépetl vorbei zieht es uns nach Oaxaca und dort zum Monte Alban. Man glaubt es kaum, dies ist unsere erste Ruine die wir besuchen. Schon beeindruckend was die Azteken hier vor hunderten Jahren geleistet hatten. Die Bergspitze wurde grösstenteils abgetragen und dann eine ganze Tempelstadt darauf gebaut. Wahnsinn. Ob wir allerdings zukünftig jede Ruine anschauen müssen, wagen wir mal zu bezweifeln…

Beim Runterfahren vom Monte Alban stört mich das Schleifgeräusch, das uns seit einiger Zeit begleitet doch zu sehr und ich schaue mal unters Auto. Ich kann es kaum glauben: wie bei Michel seinem Landcruiser fehlt an der Bremse der Hinterachse eine Schraube die den Bremssattel fixiert. Der Bremssattel schleift an der Felge. So etwas habe ich noch nie erlebt bzw. gesehen. Auf einem Schrottplatz oder Teileverwerter frage ich nach einer Schraube für Nissan. „Kein Problem, haben wir“. Ich gehe mit dem Typen mit. In drei riesigen Schachteln wühlen wir nach einer passenden Schraube. Da ist eine! Leider passt das Gewinde nicht. „Okay, ich habe noch mehr Schrauben. Komm mit!“. Wir gehen um eine Ecke. Was ich da sehe, verschlägt mir fast die Sprache! Auf einer Fläche von etwa 3 Metern auf 10 Meter (eher grösser…) liegen Tausende von Schrauben 20 bis 30 Zentimeter hoch! Schlussendlich finde ich sogar die Nadel im Heuhaufen!

Nun machen wir ordentlich Kilometer um in die Region Chiapas, nach San Cristobal zu kommen. Eine Übernachtung legen wir noch am Parkplatz einer abgelegenen Ruine ein. Die Nacht ist sehr stürmisch, doch zum Glück stehen wir etwas im Windschatten des angrenzenden Hügels. Ansonsten ist es sehr ruhig. Über viele sogenannte Toll-Strassen (Mautstrassen) gelangen wir schlussendlich nach San Cristobal. Doch davon beim nächsten Mal mehr!

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