Stewart B.C

14. - 30. September 2012                                                                                           Autor: Marc

Stewart B.C

Gespannt meine Verwandten nach mittlerweile schon wieder 16 Jahren wiederzusehen, fuhren wir Stewart entgegen. Erstaunlicherweise kennt jeder, den wir auf unserem Weg getroffen haben, Stewart B.C. Die Anfahrt erinnerte mich an die Strasse durchs Misox. Im Gegensatz zum Norden empfing uns hier eine schon leicht mediterane Vegetation. Kurz vor Stewart passierten wir dann noch die Schlucht, die ein wenig an die Chlus erinnert. Ich hatte direkt ein Gefühl zu Hause anzukommen. Komisch, bisher fühlte ich mich an keinem Ort auf unserer Reise so.

Meine Tante Johanna erwartete uns schon. Wir machten auch gleich noch einen Kurzbesuch bei Köbi bei seiner Arbeit. Es war gerade ein Schiff im Hafen, welches mit Kupfer beladen wurde. So musste er etwas länger arbeiten. Etwas länger bedeutet hier von Freitag morgen 6 Uhr bis Samstag morgen 7.30 Uhr… Am Abend kamen dann auch Nancy und Brian mit seiner Familie. Es wurde ein lustiger Abend, an dem ich die letzten News über unsere Verwandten und gemeinsamen Bekannten zuhause erfahren habe. Es ist eigentlich schon schade, dass wir in der Schweiz so wenig Kontakt zueinander pflegen, obwohl man nur ein paar Kilometer auseinander lebt. Bei Danuser’s hat die Familie hier in Stewart eine ganz wichtige Stellung. Man spürt den Zusammenhalt sehr stark.

Langsam konnten wir uns wieder etwas entspannen, von den vergangenen zwei Monaten Reiserei. Es ist schön, wenn man sich irgendwo zuhause fühlen kann. Auch konnten wir das erste Mal wirklich einen Einblick ins Alltagsleben nehmen. Beate versteht sich sehr gut mit Nancy und Hanna, so dass sie viel zusammen unternehmen. Ich unternehme mehr mit Köbi und Brian.

Der zweite Tag war gleich mal ein Highlight. Mit Angela und Brian gingen wir mit dem Boot auf’s Meer fischen. Dieses Erlebnis wird in Stewart wohl kaum ein Tourist haben. Der Portland Canal, den wir etwa 80 Kilometer runter fuhren, ist wunderschön. Hat etwas von der Inside Passage. Fisch gefangen haben wir leider nicht, jedoch ein paar Krabben, welche auch gut schmeckten (jedenfalls mir…). Das Fischen ist nicht so meins, dass habe ich schnell gemerkt. Vor allem wenn man nichts fängt, geht mir schnell die Geduld aus. Was mich faszinierte war das Schiff und die Tatsache, dass es von Angela’s Vater selbst gebaut wurde. Meine Faszination ist eben immer noch das Konstruieren und Herstellen einer Maschine. Für mich der schönere Teil als die Maschine dann später zu brauchen.

Köbi und ich unternahmen eine „kleine“ Wanderung. Wandern ist hier nicht ganz so einfach. Da die Pflanzen extrem schnell wachsen, ist es fast nicht möglich einen Wanderweg über längere Zeit offen zu halten. Der Weg, ein alter Pfad über den man in den 20er Jahren mit Pferden zu einer Goldmine gelangte, stieg zuerst sehr steil an, war aber sehr gut begehbar. Je höher wir kamen, desto mehr war er verwachsen. Riesengrosse Farne, Stauden und sogenannter „Devils Club“ versperrten immer mehr unseren Weg. Doch irgendwann hatten wir auch diese Hürde überwunden. Doch die nächste wartete schon. Nun mussten wir einen steilen Bergbach hochkraxeln. Für die „Wander-Autobahn-Verwöhnten“ Wanderer in der Schweiz wäre diese Wanderung wohl nicht so ganz das Richtige. Oben angekommen wurden wir mit einem wunderschönen kleinen See und dem Blick auf einige Schneeziegen belohnt. Das beste daran: hier wird sicher nie jemand auftauchen. Einsamkeit pur! Der steile Abstieg blieb mir dann noch einige Tage in Erinnerung. Vorallem am Morgen wenn ich aus dem Bett gestiegen bin…

In Köbi’s Werkstatt konnte ich mich nach mittlerweile ca. 19000 Kilometern auch mal um Patrols Wohl (wir nennen ihn mittlerweile auch Wolverine oder Gourmant) kümmern. Schmieren, Trabold-Filter ersetzen, eine der Zusatzbatterien ausbauen, da sie wohl einen Defekt hat, Auspuff schweissen und dann noch einen neuen Veloträger bauen. Die Bikes hängen jetzt am Reserverad; Träger costum-made by Köbi. Wir hoffen, dass wir dadurch wieder etwas mehr zum Biken kommen und das sich unser Gourmant mit etwas weniger zu Trinken begnügt…

Ein weiteres Highlight war das Lastwagenfahren mit Brian. Morgens um 6.30 Uhr ging es los. Brian hatte da aber schon eine Tour hinter sich. Mit dem leeren Holztruck ging es nach Norden Richtung Iskut eine Ladung Holz holen. Das ganze mit meinem Traum-Truck aus meiner Primarschulzeit: einem Kenworth. Die Aussicht vom Truck aus ist um einiges besser als aus unserem Patrol. So sahen wir auch fünf Bären, die ich sonst wahrscheinlich nicht gesehen hätte. Irgendwann konnte ich dann das Steuer auch mal selbst übernehmen. Es ist ein anderes Fahren als mit den europäischen LKW’s. Eine riesige Haube, unsynchronisierte Schaltung, absolut keine Automatisierungen, Schalten ohne zu Kuppeln und eine Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h. Alles in allem fuhr sich das Gefährt ganz gut und ich möchte am liebsten gleich auf einen Lastwagen als Wohnmobil wechseln… Zurück ging es dann mit etwa 58 Tonnen. Das habe ich dann aber lieber dem Profi Brian überlassen. Die Gegend durch die wir fuhren ist einfach wunderschön. Müde war ich dann aber doch als wir nach sieben Stunden wieder in Stewart ankamen. Brian fuhr da aber schon fast 14 Stunden und mehr als 900 Kilometer. Ein harter aber irgendwie doch sehr schöner Job, wenn man die Natur durch die man fährt mit offenen Augen anschauen kann.

Hanna, Nancy und Beate fuhren an diesem Tag nach Smithers einkaufen und Hanna’s Pickup zur Reparatur abzuliefern. Auch da werden riesige Distanzen zurückgelegt: 330 Kilometer für einen Weg! In einem grossen Einkaufscenter, wo auch die Hotels einkaufen, fanden sich auch diverse schweizerische und deutsche Produkte. Mmmh, lecker!

Zum Touristenmagneten Hyder (wegen der Postkarte aus Alaska), dem Fishcreek River (Bärenbeobachtung) und dem Salmon Glacier (wieder British Columbia) sind wir lange Zeit nicht gekommen. An einem schönen Tag machten wir uns dann aber doch auf. Der Gletscher war der schönste den wir bisher gesehen haben. Die Anfahrt etwas rau, doch wie wir im Nachhinein über die Internetseite der beiden „Enten“-Reisenden erfahren haben, auch mit der Ente problemlos machbar (sie haben es also von der Telegraph Creek Road runter geschafft!) Am Ende der Strasse befindet sich eine Mine, die jetzt wieder aktiviert wurde. Überhaupt boomt hier das Geschäft wieder. Viele Minen haben wieder geöffnet, da sie jetzt wieder einen guten Preis für Zinn, Zink, Kupfer, Silber, Gold usw. erhalten. Clever, clever… Auf dem Rückweg vom Salmon Glacier schauten wir beim Fish Creek vorbei. Lachse sah man keine mehr den Fluss hinaufschwimmen. Wir hatten dann aber doch noch Glück und ein schöner, grosser, gut genährter Grizzly kam Beate vor die Linse. Er liess sich schön Zeit beim Grasen und als Dessert gab es 2 Lachse. Ein schönes Tier!

Bei unserem zweiten Bootstrip hatten wir etwas mehr Glück beim Fischen. Jeder hat mal etwas hochgezogen. Leider viel unbrauchbares Zeug wie Bullheads. So kehrten wir nach einer auf dem Boot verbrachten Nacht „nur“ mit einem Lachs und zwei Krabben zurück. Eine der beiden Krabben hatte Beate beim Nachtfischen an der Angel. Der Heilbutt aber wollte einfach nicht anbeissen.

Jetzt wo ich den Stewart-Bericht schreibe, regnet es gerade wieder. Doch bisher war uns das Wetter hier sehr gut gesinnt. Nach zwei Wochen Regen in Alaska auch mal etwas Schönes.

Schweren Herzens entscheiden wir uns nach 2 ½ Wochen Aufenthalt bei Köbi und Hanna weiterzuziehen, bevor unser Patrol noch Standschäden bekommt… Vielen Dank der ganzen Danuser-Family für die schöne Zeit bei Euch! Wir kommen bestimmt in einigen Jahren wieder!

 

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